J-Stars Victory VS+ im Test

Zum 45. Jubiläum der „Shonen JUMP“-sowie zum 20. Jubiläum der „V-JUMP“, hat Bandai Namco die bekanntesten Anime-Charaktere aus der langen Historie der beiden japanischen Magazine versammelt und in einem großen Kampfturnier gegeneinander antreten lassen. Zum ersten Mal außerhalb Japans veröffentlicht, verspricht die erweiterte Version des All-Star Prüglers, J-Stars Victory VS+  epische Kämpfe sowie eine riesige Auswahl an Kämpfern und Schauplätzen aus den beliebtesten Anime- und Manga-Serien, die auf der PlayStation 4 mit einer atemberaubenden Grafik daherkommen sollen. Ob sich das am Ende bewahrheitet hat und inwiefern das Spiel auch ohne den Fan-Bonus funktioniert, haben wir für euch in unserem ausführlichen Test herausgefunden.

Achtung: Anime!

Naruto, Dragon Ball und One Piece. Das sind die drei Namen, die hierzulande wohl zu den bekanntesten Anime überhaupt zählen und von denen die Meisten zumindest schon einmal gehört haben werden. Darüber hinaus ist aber auch oft schon wieder Schluss, wenn man nach Namen bekannter japanischer Serien fragt. Kein Wunder also, wenn diese Leute bei J-Stars Victory VS+ gerade einmal einen winzigen Bruchteil der über 50 Charaktere von den mehr als 30 verschiedenen Serien erkennen oder irgendwie zuordnen können. Aber darauf nimmt das Spiel auch kaum Rücksicht, denn von Beginn an wird hier klar gemacht, dass es sich um ein Spiel von Anime-Liebhabern für Anime-Liebhaber handelt und je mehr man sich mit der Materie auskennt, desto mehr Freude wird man aufgrund zahlreicher Anspielungen, bekannter Attacken und Insider-Witze in der Regel auch haben. Infos zu den verschiedenen Serien und ihren Figuren stehen aber glücklicherweise bei Bedarf trotzdem noch einmal in Kurzform unter dem Menüpunkt „Galerie“ zur Lektüre. 

Das große Fan-Service-Turnier

Die Geschichte des Spiels, den sogenannten J-Abenteuermodus, könnt ihr aus der Sicht von einem von vier bekannten Protagonisten starten, welche da wären: Ruffy (One Piece), Naruto (Naruto), Toriko (Toriko) und Ichigo (Bleach). Habt ihr einen der Helden ausgewählt, findet ihr euch schon bald mit einem Schiff auf einer Miniatur-Weltkarte wieder, wie man sie auch aus alten J-RPGs kennt. Die Handlung ist schnell und einfach erklärt. Der mysteriöse JUMP-Gott hat die stärksten und mutigsten Krieger des gesamten JUMP-Universums eingeladen, um an einem großen Kampf-Turnier teilzunehmen. Je nachdem welchen Helden ihr am Anfang gewählt habt, startet ihr an einem anderen Punkt der JUMP-Welt. Der grundlegende Ablauf unterscheidet sich dabei aber nicht. Euer finales Ziel ist der Ort des großen  Turniers. Doch bevor es so weit ist, müsst ihr dafür erst einmal ein anständiges Team an J-Kämpfern rekrutieren und zusammenstellen.

Der Spielablauf gestaltet sich dabei so, dass ihr mit eurem Schiff an die markierten Orte auf der Weltkarte fahrt, welche sich schließlich als bekannte Schauplätze der Anime/Mange-Welt wie z.B Konoha-Gakure (Naruto), Namek (Dragon Ball) oder Alabasta (One Piece) entpuppen und dort auf neue Charaktere trefft. In charmanten und witzigen Dialogen interagieren dabei die Figuren aus den unterschiedlichen Serien in Form von Anime-Standbildern, wodurch sich die skurrilsten Konstellationen ergeben können. Wer würde denn zum Beispiel nicht mal gerne mit Ruffy den Herrn der Schildkröten besuchen oder an der Seite von Toriko gegen Vegeta kämpfen? Fanservice wird hier auf allen erdenklichen Ebenen geliefert und tröstet auch ein wenig über die Tatsache hinweg, dass die Welt ansonsten nicht all zu viel zu bieten hat. Die RPG-Elemente beschränken sich auf Erfahrungspunkte für eure Charaktere nach dem Kampf sowie Haupt-und Nebenmissionen, die allerdings auch nur aus „segle von A nach B, rede mit den Leuten und/oder schlagt euch!“ hinauslaufen. Nach gewonnen Kämpfen erhaltet ihr außerdem noch J-Punkte und Münzen, welche ihr im Shop zum Kaufen von Charakteren für die anderen Spielmodi, verschiedenen Items oder aber auch J-Stars-Karten, welche eure Krieger dauerhaft stärken, genutzt werden können. Je weiter ihr im Spiel voranschreitet, desto mehr Möglichkeiten bekommt ihr, mit dem Schiff auch an schwer zu erreichende Orte zu gelangen. Trotz seines repetitiven Ablaufs ist der J-Abenteuermodus ein gelungenes Paket, der sich aufgrund der ungezwungenen und Genre-untypischen Präsentation frisch und unverbraucht anfühlt. Wer gerne zu zweit spielt, der kann hier außerdem die Kämpfe zusammen mit einem lokalen Mitspieler bestreiten.

Kämpfen mit den Anime-Legenden

Aber kommen wir zum Hauptaspekt des Spiels. Wie sieht es denn nun mit den Kämpfen aus? J-Stars Victory VS+ kann man am ehesten mit anderen 3D-Anime-Prügelspielen wie der Naruto Storm-Reihe oder den jüngsten Dragon Ball-Spielen vergleichen. Jeder Charakter hat ein paar simple Tastenkombinationen für starke, langsame und schnelle leichte Angriffe, sowie einige wenige Spezial-Attacken. Wichtig ist es hierbei vor allem, den/die Gegner nicht aus den Augen zu verlieren und die Übersicht über das Geschehen zu bewahren, was bei bis zu 6 Figuren gleichzeitig ziemlich chaotisch werden kann. In relativ weitläufigen und aus Anime/Manga bekannten Schauplätzen kämpft ihr (wahlweise) in Einzel-oder Team-Kämpfen. Letztere bestehen aus 2vs2 Kämpfen, bei denen der zweite Charakter eures Teams entweder von der KI oder einem lokalen Mitspieler gesteuert werden kann. Ein vorher zusätzlich ausgewählter dritter Hilfscharakter kann dabei außerdem noch ab und zu für kurze Angriffe ins Spiel gerufen werden, wie man es auch von den Naruto-Storm-Spielen kennt. Während des Kampfes kann der zu steuernde Charakter übrigens nicht gewechselt werden. 

Die wirklich große Spieltiefe gibt es hier zwar nicht zu meistern, was vor allem an der etwas trägen Block- und Ausweich-Mechanik sowie an der eher langsamen Fortbewegung im Kampf  liegt, aber dafür wirken die Treffer stets wuchtig und Action-reich. Da die Umgebung zerstörbar ist, kann man so zum Beispiel die Feinde auch mal mit einem einzigen Schlag durch mehrere Hausfassaden fliegen lassen. Wer eine Weile ohne Gegentreffer auskommt, kann übrigens einen Spezialmodus aktivieren, in dem man wiederum seinen „Ultimativen Angriff“ ausführen kann. Wie auch bei den restlichen Attacken, ist dieser individuell auf jeden Charakter zugeschnitten und kann von einem einmaligen riesigen Feuerball bis hin zu langanhaltenden Transformationen reichen. Aufgrund der Größe des Kämpfer-Aufgebots kommt es hierbei aber unfreiwillig zu Balancing-Problemen, welche aber beim Spielen gegen die CPU-Gegner kein allzu großes Hindernis darstellen. Praktischerweise speichert das Spiel bei Bedarf nach jedem Kampf eine Aufzeichnung, wodurch ihr eure spektakulärsten Siege nun ganz einfach nochmal anschauen könnt. Wer mit den oben genannten Spielen bereits Spaß hatte, dem dürften die Kämpfe in J-Stars Victory VS+ auch zusagen, insofern man mit der etwas geringeren Geschwindigkeit und Dynamik zurechtkommt.

Vertane Chancen im Splitscreen

Neben dem J-Abenteuermodus gibt es selbstverständlich auch noch klassische Modi wie „Freier Kampf“, „Arcade“ oder „Siegstraße“, bei der man gegen eine Vielzahl von Gegnern hintereinander bestehen muss. Alle Modi können je nach Belieben allein oder komplett im lokalen Splitscreen gespielt werden. Der große Nachteil bei letzterem Modus ist allerdings die äußerst ungünstige Bildschirmaufteilung. Die Energie-und Status-Anzeigen sind auf beiden Bildschirm-Hälften so verschwenderisch groß dargestellt, dass effektiv gerade mal ein Viertel davon als Spielausschnitt dient. Wer nicht gerade einen übergroßen TV oder Beamer bei sich zu Hause stehen hat, der wird hier Schwierigkeiten haben, dem Geschehen folgen zu können.

Einzig der Online-Modus kann nicht im lokalen Multiplayer gespielt werden. Hier könnt ihr wahlweise eure Fähigkeiten in Freundschaftskämpfen verbessern oder später euer wahres Können in den Ranglistenkämpfen unter Beweis stellen. Einzelne Räume können dabei entweder gezielt gesucht oder mit der Schnellsuche unkompliziert betreten werden. Selbstverständlich kann man auch selbst Räume nach verschiedenen Kriterien wie Standort, Erfahrung, privates Spiel, sowie individualisierten Kämpfern  erstellen. Zusätzlich können mithilfe von vorgegebenen Sätzen die Absichten des Raums konkretisiert werden, wie beispielsweise „nur für Anfänger“, „erfahrene Spieler gesucht“…und so weiter. Für die nötige Motivation sorgen freispielbare Titel und Symbole, sowie die eigenen Statistiken und ein weltweites Ranking. Der Online-Modus stellt sich insgesamt als sehr runde Sache heraus, der nicht viele Wünsche offen lässt.

Audiovisuell mit Abzügen gelungen

Die Ur-Version, nämlich J-Stars Victory VS, erschien bereits letztes Jahr in Japan, damals allerdings nur für die PlayStation 3 und PS Vita. Die technischen Rückstände der alten Plattformen spürt man folgerichtig auch jetzt noch auf der PlayStation 4 anhand von schwachen Texturen und Kantenflimmern. Doch trotzdem kann das Spiel insgesamt optisch überzeugen. Das liegt vor allem an den vielen bekannten Details und Animationen der  Anime/Manga-Helden sowie ihren gelungen in Szene gesetzten Fähigkeiten. Das Anime-Effektegewitter kann zwar teilweise sehr chaotisch sein, aber es macht auf jeden Fall viel her. Die zerstörbaren Umgebungen bringen dabei zusätzlich nochmal die nötige Prise Action und Spektakel in die Kämpfe. Unterlegt wird das Ganze von einem passenden Soundtrack, der die Vielfalt der verschiedenen Serien gut wiedergibt. Im HGM-Editor kann man  zusätzlich noch die Musik bearbeiten, die im Kampf gespielt werden soll. Sämtliche Texte im Spiel sind übrigens auf Deutsch und die vertonten Abschnitte wurden mit den Original-japanischen Sprechern vertont. Eine lobenswerte Entwicklung!

FAZIT

J-Stars Victory VS+ ist so ziemlich genau das geworden, was ich mir erwartet hatte und es macht daraus auch zum Glück kein Geheimnis. Es ist ein Spiel, das bei jedem Anime/Manga-Fan das Herz höher schlagen und ihn/sie mit geballtem Fan-Service an allen Ecken verzaubern lässt. Wer die Figuren oder auch nur einen Teil davon kennt, wird viele der Anspielungen verstehen und mit dem tollen Humor im J-Abenteuermodus viel Spaß haben. Die kleinen RPG-Elemente und die Mini-Weltkarte bringen etwas frischen Wind in die Präsentation und heben den Story-Modus von anderen Genre-Kollegen ab, auch wenn der eigentliche Spiel-Ablauf ansonsten eher eintönig bleibt. Dass beinahe alle Modi im lokalen Splitscreen gespielt werden können ist eine tolle Sache, bei der es allerdings an der gelungenen Darstellung mangelt. Online wird hingegen ein rundes Erlebnis geliefert, das nicht viele Wünsche offen lässt. Die chaotischen Kloppereien an sich bieten zwar nicht viel Tiefgang und sind sicherlich nicht das beste, was es im Genre der Anime-Prügler zu finden gibt, doch dafür ist die Steuerung einfach zu verstehen und die Attacken sind toll anzusehen. Ohnehin ist der große Vorteil gegenüber der Konkurrenz einfach das Aufeinandertreffen dieser zahlreichen Anime-Ikonen und darauf setzt das Spiel auch gnadenlos. Wer sich nicht dafür begeistern kann, für den ist J-Stars Victory VS+ wohl eher nichts. Das Spiel bedient nun mal eine bestimmte Zielgruppe, und das sind Anime- und Manga-Fans. Wer sich selbst als solcher bezeichnet und auch mit Spielen wie der Naruto Storm-Reihe oder den letzten Dragon Ball-Spielen Spaß hatte, der kann hier nicht viel falsch machen.