Goodbye Volcano High im Test

Erinnert ihr euch noch an die Enthüllung der PlayStation 5? Zumindest mir kommt es vor, als wäre es gestern gewesen, als ich gespannt auf den Start der nächsten Konsolengeneration hingefiebert habe. Aber erinnert ihr euch auch an Goodbye Volcano High? Mehr als drei Jahre ist es nämlich her, dass wir das erste mal von diesem gerade erschienenen Indie-Adventure auf dem damaligen „The Future of Gaming“-Showcase gehört haben. Mir konnte es dank seines markanten Artstyles und Prämisse als das „Spiel mit den Coming-of-Age-Dinos“ im Gedächtnis bleiben. Da ich ein Faible für narrative und entscheidungsgetriebene Games habe, ist es trotz längerer Funkstille also nie komplett von meinem Radar verschwunden. Nach vielen Verschiebungen ist es jetzt aber endlich da und ich habe mir das fertige Game zu Gemüte führen können. Ob und für wen sich das neueste Werk vom kanadischen Studio KO_OP lohnt, erfahrt ihr im Folgenden!

Die Grundidee von Goodbye Volcano High zu beschreiben, ist trotz seines ungewöhnlichen Settings, relativ einfach. Wir befinden uns in einer modernen, fiktiven Welt, die von antropomorphen Dinosauriern bevölkert ist. Bis auf die Tatsache, dass es sich um unterschiedliche Variationen von Urzeitechsen handelt, besitzen diese aber ansonsten sämtliche Annehmlichkeiten und Gewohnheiten, wie wir Menschen heutzutage. Sie wohnen in Häusern, benutzen Smartphones, tragen Shirts und Jeans, fahren Autos und gehen zur Schule. Und Letzteres ist dabei der zentrale Schauplatz der Geschichte. Wie der Titel nicht unschwer erkennen lässt, handelt es sich bei Volcano High um eine Highschool und wir erleben das Abschlussjahr an genau dieser durch die Augen von Fang.

Während viele der Mitschüler schon genaue Pläne haben, was sie nach der Schule machen, möchte Fang weniger Gedanken an Berufswahlen oder Colleges verlieren und sich stattdessen mehr auf die Zukunft der eigenen (bisher noch unerfolgreichen) Indie-Rockband „Worm Drama“ fokussieren. Allerdings wird schnell klar, dass die restlichen Bandmitglieder nicht auf die gleiche Weise investiert in das einstige Hobbyprojekt sind und so entspannt sich über die Spielzeit von rund 5 Stunden, eine Geschichte mit Konflikten und Entscheidungen, mit den übergreifenden Themen und Fragestellungen nach dem Erwachsenwerden, der Suche nach dem was einen glücklich macht im Leben und dem Wandel von Freundschaften. Umrahmt wird das ganze von dem nahenden Ende der Welt, durch einen heranfliegenden Meteoriten. Die Ausgangslage des letzten Highscool-Jahres, wird also zum letzten Jahr überhaupt.

Fang und der Cast an Supporting Charakteren, bilden eine sympathische und unterhaltsam diverse Truppe an Akteuren, in der jeder mit seinen eigenen Problemen beim „Erwachsenwerden“ zu kämpfen hat. Wie zum Beispiel der kleine Bruder, als das Vorzeigekind der Familie oder die beste Freundin, die sich allmählich immer weiter von Fang distanziert. Viele der Storybeats sind zwar schnell vorherzusehen, ob nun das obligatorischen Banddrama oder generelle Teenager-Konflikte, die man so oder so ähnlich bereits in anderen Medien etliche Male erlebt hat, dennoch hat es das Writing geschafft, mich bis zum Ende am Bildschirm zu halten. Dabei sei allerdings gesagt, dass es auch immer mal wieder zu Längen und Pacingproblemen kommt, besonders dann, wenn sich die Gang mal wieder dazu entschließt, eine ihrer Pen-& Paper-Runden zu starten, welche sich wenig organisch in das Gesamterlebnis einfügen.

Spielerisch präsentiert sich Goodby Volcano High hauptsächlich als eine Art Visual Novel: wir bewegen unseren Charakter also nicht selbst durch die Spielwelt, sondern werden automatisch von Szene zu Szene befördert und treffen hier und da Entscheidungen. Genau dieser Aspekt enttäuscht aber leider gleich in mehrerer Hinsicht. Zum einen ist die Auswahl der Antwortmöglichkeiten häufig nur eine Variation des Gleichen und zum anderen kommt es ab und an auch vor, dass die geschriebene Antwort vom Ton und/oder der Emotionalität des anschließend Gesagten abweicht, was zu kleineren Frustmomenten führen kann. Noch gravierender wiegt aber, dass die getroffenen Entscheidungen nur marginalen Einfluss auf die Geschichte nehmen. Wer sich große Unterschiede in den Storyverläufen und Beziehungen zwischen den einzelnen Charakteren erhofft, wird hier massiv enttäuscht. Um das ganze noch auf die Spitze zu treiben, läuft es sogar nur auf ein einziges Ende hinaus, das zudem auf Grund fehlender Konsequenz, dann auch nicht zu überzeugen weiß.

Das Alleinstellungsmerkmal des Games ist ohne jeden Zweifel der sehr gelungene Stil, der genau so, auch aus einem Samstagmorgen-Cartoon stammen könnte. Detaillierte Hintergründe und ausdrucksstarke Charaktere machen einen tollen Job, sodass man sich visuell nicht langweilt. Und das obwohl mir persönlich das Design der antropomorphen Echsen eigentlich gar nicht mal zusagt. Tatsächlich habe ich mich während des Spielens auch immer wieder gefragt, was die Motivation hinter dieser Entscheidung war und ob es vielleicht einen driftigen spielerischen/und/oder erzählerischen Aspekt gibt, den man nur oder besser mit Dinosaurieren hätte umsetzen können. Die Antwort ist aber leider ernüchternd: Man könnte die Charaktere mit Menschen austauschen und hätte am Ende narrativ nichts verloren. So bleibt die Wahl von antropomorphen Dinosauriern zwar eine stilistisch auffällige – und es ist am Ende dem eigenen Geschmack überlassen, ob man daran Gefallen findet oder nicht – einen tatsächlichen spielerischen oder erzählerischen cleveren Nutzen haben die Entwickler damit aber leider nicht geliefert.

Aufgelockert werden die „Visual Novel“-Passagen durch kleinere Minispiele, allen voran ein Rhythmus-Spiel, bei dem man die richtige Taste passend zur Musik drücken muss. Das erwies sich stellenweise als gar nicht mal so einfach, was aber vor allem dadurch zustande kommt, dass gerade bei sehr schnellen Inputs, das Spiel nicht immer jeden Buttondruck registriert. Ansonsten sind diese Abschnitte zweckmäßig gestaltet, stellen aber kein Highlight dar. Eine wirklich tolle Idee ist hingegen das „Songwriting“-Minispiel, in dem man verschiedene (eingesungene) Lyrics nacheinander aneinanderreiht, um so seinen eigenen Song (oder zumindest Teile davon) zu kreieren. Es hebt auch nochmal ein anderes Highlight des Games hervor – nämlich die Musik. Der getragene Indie-(Rock) Soundtrack trägt maßgeblich zur melancholischen Abschiedsstimmung von Goodbye Volcano High bei. Zwar beschränkt sich das Songwriting leider nur auf ein paar wenige Szenen, bringt aber gelungene Abwechslung ins Spiel.

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Fazit

Goodbye Volcano High bietet dank seines sympathischen Casts an Charakteren und der tollen audiovisuellen Gestaltung, eine liebevoll inszenierte Geschichte, die mich über seine rund fünf Stunden gut unterhalten konnte. Die fehlende Tragweite der Entscheidungen, das zu häufige Anwenden von bekannten Storyklischees und ein eher ernüchterndes Ende, halten es allerdings davon ab, einen wirklich bleibenden Eindruck bei mir zu hinterlassen. Wer narrativen Games nicht abgeneigt ist und besonders nach mehr „Coming of Age“-Futter sucht, wird hier trotz einiger Pacing-Probleme dennoch seine Freude haben. Ich hoffe Entwickler KO_OP nimmt sich die angesprochenen Kritikpunkte für ihr nächstes Projekt zu Herzen. Denn eines ist sicher: das Studio hat Talent, weswegen ich bei einem spirituellen Nachfolger auf jeden Fall wieder dabei wäre!

Getestet auf PlayStation 5. Vielen Dank an KO_OP für die Bereitstellung des Testmusters!